
"Den Mond umarmen": Flüchtlingskinder haben Fotografinnen ihre Träume erzählt
Was wünscht sich ein Kind, das alles verloren hat? Das die Heimat verlassen musste und nochmal ganz von vorne beginnt?
Superheld zu sein. Oder den Mond zu umarmen. Oder eine Harry-Potter-Party.
Zwei junge Fotografinnen sind für das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR durch Europa gefahren und haben Flüchtlingskinder nach ihren Wünschen und Träumen gefragt. Die Antworten sind unglaublich schön und machen Hoffnung.
Hunderttausende Menschen suchen in Europa Zuflucht, davon sind mehr als ein Drittel Kinder und Jugendliche (SZ). Sie mussten in ihren Leben schon viel mitmachen, haben einen schweren Weg hinter sich. Doch die Kinder haben viel mehr zu erzählen als traurige Geschichten. Sie blicken nach vorne, sind neugierig und wünschen sich Abenteuer und Spaß – wie alle Kinder eben!
Genau das wollten die Fotografinnen Debra Barraud (29) und Annegien Schilling (18) aus den Niederlanden zeigen, als sie im Sommer 2017 mit einem Team zu einer Europareise aufbrachen. Sie wollten den Kindern zuhören und mit ihren Fotos Träume zum Leben erwecken.
So wie diesen Traum.

Marianne, 7, aus Somalia – lebt in Berlin:
"Ich bin seit einem Jahr in Deutschland und ich mag es hier. Meine Schwester und ich lieben es zu spielen und wir lieben 'Die Eiskönigin'. Ich lerne Deutsch in der Schule und mag es. Mein größter Traum ist es, irgendwann ein Fahrrad zu haben. Hier in der Unterkunft haben wir Fahrräder, aber ich hätte gern mein eigenes. Vielleicht, wenn ich richtig schnell fahre, kann ich sogar damit fliegen."
Das Ergebnis sind die "Dream Diaries" des UNHCR. Debra, die durch das Fotoprojekt "Humans of Amsterdam" bekannt ist, machte Bilder von den Kindern, Annegien verwandelte deren Gedanken in surreale Kunstwerke.
Nach jedem Treffen bekamen die Kinder das Bild ihres Traumes. "Das war Teil der Idee", sagt Debra zu bento, "wir wollten ihre Geschichten nicht nur nach außen transportieren, sondern auch den Kindern zeigen: Was du dir erträumst, kann Wirklichkeit werden."
Im Making-of-Video der Reise sieht man die rührenden Reaktionen:
Auch für die Fotografinnen waren die Begegnungen besonders: "Egal wie traumatisch ihre Erfahrung war – sie haben nie die Fähigkeit und die Kraft verloren, zu träumen", sagt Debra, "genau diese Stärke wollten wir mit unserem Projekt zeigen."
Und sie wollen Vorurteile abbauen. "Ich glaube, viele Menschen in Europa haben große Angst vor den Geflüchteten", sagt Debra. Sie könne das zwar nachvollziehen, doch die Geschichten der Menschen, die sie inzwischen getroffen hat zeigen: "Sie alle wollen Gutes tun und etwas zu ihrem Umfeld beitragen – wie fast alle Menschen auf der Welt. Viele vergessen das."
Und diese Kinder wollen die Welt wirklich verändern! Zum Beispiel Ayham.

Ayham, 8, aus Syrien – wohnt in Wien:
"Ich möchte später mal ein Superheld werden, damit ich keine Angst mehr haben muss. Ich möchte ein Superheld mit goldenen Amreifen sein, wie Wonder Woman. Ich würde die Kämpfe in Syrien beenden und dann würde ich dorthin zurück gehen und alles vor Freude küssen – wirklich alles, auch die Bananen und die Wassermelonen."
Hier sind noch mehr Kinderträume:
Ein Interview am Tag. Mehr schaffe sie nicht, sagt Gertrude Pressburger. Lesereise? Talkshowauftritte? Sie lehnt sich zurück in ihrem Sessel und lacht. "Ich? Nein, nein." Und nach kurzem Überlegen: "Vielleicht wenn ich jünger gewesen wäre. Aber jetzt? Mit 90?"
Mit 90 Jahren ist sie plötzlich eine sehr gefragte Frau. Denn Gertrude Pressburger hat das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau überlebt und jetzt "mit einer hinreißenden Mischung aus Zartheit und Entschiedenheit", wie die Schriftstellerin Eva Menasse schreibt, erstmals ihre Geschichte erzählt. Ein Dutzend Tage lang hat sie mit Marlene Groihofer gesprochen und der jungen Journalistin ihre Erlebnisse und Erinnerungen anvertraut.
Entstanden ist eine Freundschaft zwischen den beiden Frauen, die eine Jahrgang 1927, die andere 1989 – und ein bedrückendes, aber auch mitreißendes Dokument der Zeitgeschichte. Ein wichtiges Buch, von dem man sich wünscht, dass vor allem junge Menschen es lesen. "Gelebt, erlebt, überlebt" heißt es.